Alle drei Autos beim Saisonhöhepunkt der Blancpain-GT-Serie, den 24 Stunden von Spa-Francorchamps, ins Ziel gebracht – aber trotzdem sah GRT-Teamchef Gottfried Grasser das Ergebnis mit einem lachenden und einem weinenden Auge: „Bei diesem Rennen dabei zu sein, war für mich immer ein Kindheitstraum. Jetzt haben wir das Projekt dieses Jahr zum zweiten Mal umgesetzt, es hat so gut angefangen. Erste Startreihe, die ersten Stunden angeführt und dann passiert doch so viel, dass man am Ende nicht ganz vorne ist“. Die Plätze 11, 15 und 42 sprangen heraus, „und das, obwohl wir das Rennen ohne große Fehler, mit perfekten Boxenstopps, ohne Dreher, zumindest bei zwei Autos ohne jeden Fremdkontakt durchgefahren sind. Das ist eigentlich eine phänomenale Leistung. Und trotzdem ist man dann vier Runden zurück, weil man immer zum falschen Zeitpunkt am falschen Ort war. Irgendwie hatte man das Gefühl, dass es einfach nicht sein sollte“.
Nach der Disqualifikation der Mercedes, die ursprünglich die ersten sechs Plätze belegt hatten, und weiteren Strafen startete Mirko Bortolotti mit dem Lamborghini Huracan GT3 mit der Nummer 16 am Ende aus der ersten Startreihe, „und dann konnte ich mich zusammen mit René Rast im Audi gleich ein wenig absetzen“. Nach einer ersten Gelbphase gelang es Bortolotti sogar, seinen Rivalen beim Neustart zu überrumpeln und für fast zwei Stunden die Führung zu übernehmen: „Aber dann begann unsere Pechsträhne, als wir unter „Full Course Yellow“ zum Boxenstopp reingekommen sind. Denn auf einmal wurde aus dem FCY eine Safety-Car-Phase – und so haben wir bei dem Stopp eine Runde verloren. Mit der Performance war ich insgesamt sehr zufrieden, aber es gab noch ein paar solche blöde Situationen, die uns eine bessere Platzierung als Rang 11 gekostet haben. Immerhin sind wir bester Lamborghini, aber das ist auch nur ein schwacher Trost“. Grasser bedankte sich ausdrücklich beim ganzen Team: „Die Jungs haben Tag und Nacht gearbeitet, damit alles perfekt funktioniert. Sie verdienen einen großen Applaus. Obwohl das Top-Ergebnis ausgeblieben ist, war es trotzdem eine Super-Erfahrung. Ich schaue zuversichtlich in die Zukunft – und hoffe, dass wir dann in Schlüsselsituationen vielleicht ein wenig mehr Glück haben als diesmal“.
Für Rolf Ineichen war es ein „Wochenende mit vielen Hochs und Tiefs. Im Qualifying haben wir eine sehr gute Leistung gebracht, das Team hat Mirko für die Superpole ein perfektes Auto hingestellt und er hat die Top Runde zusammengebracht. Wir haben uns von dem Rennen sehr viel erhofft, die Gründe dafür zu finden, warum es dann doch nicht ganz so gut lief, ist nicht immer einfach. Es war auch viel Pech dabei, wir haben öfters in Situationen, wo es fifty-fifty stand, was man tun soll, ob durch Wetter oder FCY, die falschen Entscheidungen getroffen. Das hat sich bis zum Ende durchgezogen, als der letzte massive Regenschauer genau dann einsetzte, als Mirko gerade an der Boxeneinfahrt vorbei war, so dass er dann noch eine komplette Runde auf Slicks fahren musste, was uns dann noch den eigentlich sicheren Top-Ten-Platz gekostet hat“. Jeroen Bleekemolen fand, „dass es nicht einfach war, den Speed der absoluten Spitze mit zu gehen, aber wir haben alles versucht. Natürlich kam dann noch das Pech mit dem Saftey-Car, einer Drive-Through und einem Reifenschaden dazu, und dann ist man halt nicht mehr ganz vorne. Der elfte Platz ist nicht schlecht, aber wir hätten uns natürlich schon ein etwas mehr erwartet. Aber wir können stolz darauf sein, dass wir alle, das ganze Team, keine Fehler gemacht haben“.
Im Lamborghini Huracán mit der Nummer 19 lieferte die junge Fahrermannschaft eine sehr gute Leistung ab. Von Startplatz 41 nach schwierigem Qualifying arbeitete man sich schnell nach vorne, lag nach sechs Stunden zeitweise auf Platz vier. „In der Nacht sind wir dann ein wenig zurückgefallen, obwohl das Auto und die Pace eigentlich gut waren. Aber wir haben auch unter FCY einiges verloren, weil die Phasen für unsere Strategie genau zum falschen Zeitpunkt kamen“, ärgerte sich Luca Stolz, der genauso wie sein Teamkollege Michele Beretta sein erstes 24-Stunden-Rennen bestritt. „Aber ein Top15-Ergebnis ist für die Premiere schon mal ganz gut, und nächstes Jahr will ich dann unter die Top Ten kommen“. Auch Beretta war zufrieden, „obwohl wir vielleicht eigentlich sogar ein wenig mehr verdient gehabt hätten. Aber wir sind sehr stolz darauf, als Team mit allen drei Autos ins Ziel gekommen zu sein. Und beim nächsten Mal kämpfen wir ganz sicher um die absoluten Top-Plätze“. Sein Landsmann Andrea Piccini bedauerte, „dass wir einmal auch ein Reifenproblem hatten, das und zwei Runden gekostet hat und uns zeitweise sogar aus den Top 20 geworfen hat. So etwas ist dann schwierig wieder aufzuholen. Außerdem haben wir bei dem wechselnden Wetter, als es mal regnete, dann wieder nicht, nicht immer die richtigen Entscheidungen getroffen. Ein Top Ten Ergebnis wäre möglich gewesen. Aber für unser junges Team, in dem Luca und Michele ihr erstes 24-Stunden-Rennen überhaupt gefahren sind, war es schon gut“.
Viel Pech hatte das ProAM-Auto mit der Nummer 63: „Durch einen unverschuldeten Unfall gleich in der Anfangsphase sind wir doch sehr weit zurückgeworfen worden, standen nach drei Stunden sehr lange an der Box. Und wenn man dann einmal so weit hinten ist, ist es sehr schwer, wieder nach vorn zu kommen“, war Nicolas Pohler nach dem 42. Platz in der Endabrechnung doch ziemlich enttäuscht. „Es war schon ein recht hartes Wochenende, irgendwie waren wir die ganze Zeit vom Pech verfolgt“. Die ein oder andere Strafe kam dazu, unter anderem wegen Nicht-Einhalten der Track Limits, ein Dauerthema für viele an diesem Spa-Wochenende. Diego Alessi, zum ersten Mal in einem Rennen für GRT unterwegs, war mit seinem Debüt nicht unzufrieden, „aber ich werde noch einige Zeit brauchen, um mich wirklich an den Lamborghini zu gewöhnen. Ich habe im Laufe des Rennens gemerkt, wie ich von Stint zu Stint immer besser wurde“.
Das Schlussfazit von Gottfried Grasser: „Drei Autos ins Ziel zu bringen ist auf jeden Fall positiv, das gelingt auch nicht vielen Teams. Erste Startreihe und dieses Rennen anzuführen waren schon sehr bewegende Momente, aber dass dann doch weniger herauskommt als möglich gewesen wäre, ohne dass man selbst wirkliche Fehler gemacht hat, das schmerzt natürlich schon. Vor allem, wenn man den enormen Aufwand betrachtet, der für dieses Rennen betrieben wird. Wir haben dieses Jahr keine einfache Saison, obwohl wir uns auf allen Strecken enorm verbessert haben. Wir geben unser Bestes – aber es soll einfach nicht sein. Aber wir schauen nach vorn, krempeln die Ärmel wieder hoch, richten die Autos wieder her und fahren zum ADAC-GT-Masters an den Nürburgring, wo wir am kommenden Wochenende mit zwei Autos am Start sein werden. Darauf freuen wir uns schon sehr“.
Text : COM-Media / Wolfgang Köpp — Fotos : Ingo Schmitz